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Die Kirche und ich; item bref!

Meine erste Begegnung mit Gott im kirchlichen Kontext war bei meiner reformierten Taufe. Ich hatte wenig mitzureden, ich hätte mir nicht einen Götti ausgesucht, der mir bis zum 18ten Lebensjahr mit regelmässiger Verspätung eine Flasche Pustefix Seifenblasenwasser zum Geburtstag schenken würde. Reformiert, weil mein Vater es ist und meine Mutter als exkommunizierte Katholikin wenig von der Kirche hält. Man hatte versprochen, mich im christlichen Glauben zu erziehen, aber das ging irgendwo im Alltag vergessen. Anfangs sprach mein Vater noch ein Tischgebet, aber auch das verlor sich mit den Jahren. Übrig blieb einzig der Religionsunterricht, welcher ein sterbenslangweiliger Katechet uns in der Primarschule gab.

Als dieser einmal krank war, setzte ich mich stattdessen halt zu den Katholiken in den Religionsunterricht und kehrte nicht mehr zurück. Ich war gekommen um zu bleiben! Der Religionslehrer, der ob der plötzlich auftauchenden neuen Schülerin von einem Umzug in die Gemeinde ausging, richtete mir mit einem extra angereisten Bischof eine Erstkommunion aus. Nun war ich also katholisch und das vermutlich erste Kind, was mit zarten 10 Jahren und ohne Wissen der Eltern, konvertiert ist.

Selbstverständlich habe ich die kommenden Sonntage als Ministrantin in der Kirche dem Pfarrer gedient und hätte ich nicht eines schönen Tages eine Packung Hostie gestohlen, ich wäre vielleicht heute noch Messdienerin. Mit 18 Jahren verliess ich die Kirche und kehrte bis heute nicht zu ihr zurück.

Fortan lebte ich als überzeugte Atheistin und ich habe Gott, so ehrlich muss ich sein, nie wirklich vermisst. Es wäre mir nie in den Sinn gekommen, in Nöten zu ihm zu beten. Er und ich, wir lebten in aufgeräumten getrennten Verhältnissen und ich wurde nur ab und an mit ihm konfrontiert. Als ich Gotte eines herzigen kleinen Mädchen werden sollte und sich der katholische Pfarrer fast verweigerte, mich als Patin zu akzeptieren, zum Beispiel. Wenn ich unseren Beziehungsstatus auf Facebook bennennen müsste, ich würde "kompliziert" wählen.

Umso mehr war ich erstaunt, als ich die Anfrage erhielt, fortan fürs bref Magazin zu schreiben. „Ja wissen die denn eigentlich, dass ich aus der Kirche ausgestiegen, ungläubig und unberechenbar bin? Wissen die, wen sie sich da ins Haus holen?“, so fragte ich nach. Und erhielt die Antwort: „Ja, das wissen wir. Und ja, wir wollen Dich.“ So kam ich zu dieser Kolumne, fast wie die Jungfrau zum Kinde. Für mich ein sehr willkommener Grund, mich ernsthaft mit dem Thema Menschsein und den Werten der Religion auseinanderzusetzen. Denn selbst wenn ich keiner Kirche angehöre; Mensch bin ich nachweislich und als dieser will ich schauen, wie ich dies geschätzte Kind nun schaukle.

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