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Es gibt Geschenke, die sind ein Affront. Bilder zum Beispiel. Selbst gemalte erst recht. Sie können einen in eine unmögliche Situation bringen. So wie mich gerade. Zum Geburtstag hat mir eine Freundin ein Bild (Öl auf irgendwas, 50x50cm) gemalt, es ist grässlich, abscheulich, ich sehe nichts, was es aufhängenswert machte. Ich lege wert darauf, was in meiner Wohnung steht und hängt, es ist peinlich und passt nicht mal auf mein Klo. Sie überreichte mir das Geschenk mit den Worten: «Wenn es Dir nicht gefällt, musst Du es nicht aufhängen», was für mich die ganze Sache noch dreister macht. Aber ich besitze Anstand und reagierte prompt wie man auf Geschenke zu reagieren hat: Überrascht und hoch erfreut. Jetzt bin ich wegen meines Anstands in der Bredouille und müsste also mit der gleichen Dreistheit das Geschenk zurückweisen, mit der es mir gemacht wurde, aber – ich schaffe es nicht. Hast Du mir einen Notnagel, liebe Kafi? Lisa, 46

Liebe Lisa

Einen Notnagel, an dem Sie das Bild zusammen mit der "Künstlerin" an die Wand hängen können? Schön wär's! Aber leider nicht wirklich.

Ihre Erzählung hat mich an meine Kindheit erinnert und an eine furchtbar hässliche Kerze, die eine Kreuzung zwischen einem Baumstrunk und einem bärtigen Gesicht zu sein schien und die mein Vater von einem wichtigen Kunden geschenkt bekommen hatte. Anstatt ­sie anzuzünden und in sich selber aufzulösen hat meine Mutter sie jahrelang aus dem Schrank gekramt, wenn wir entsprechenden Besuch hatten und wieder versteckt, sobald die wertvolle Kundschaft aus dem Hause war. Diesen Aufwand würde ich Ihnen jetzt nicht empfehlen, ausser sie hängen massgeblich wirtschaftlich von der besagten Freundin ab.

Geschenke sind eine an sich schon schwierige Angelegenheit. Das weiss sogar mein zehnjähriger Sohn, der sich für diese Situationen eine äusserst clevere Strategie zurechtgelegt hat. Als mir an seinem Geburtstag aufgefallen war, dass er sich immer schon für die noch verpackten Geschenke bedankt und sie erst danach auspackt, hat er mir erklärt, dass es ihm schwerfällt, Freude zu zeigen an Geschenken, die ihm eigentlich nicht gefallen. Und um dies zu umgehen, würde er sich halt immer schon davor bedanken.

Soviel fürs nächste Mal. Was sie mit besagtem Geschenk anstellen, ist damit aber noch nicht gelöst. An Ihrer Stelle würde ich einen Kunstraub inszenieren. So mit dreister Lösegeldforderung und so. Das wäre ein guter Grund, um in Ihrem Umfeld Geld zu sammeln, damit das gute Stück wieder den Nachhauseweg findet. Unter Umständen müssten Sie einen schampar lustiges Schneeballsystem erfinden, wie wäre es zum Beispiel mit einem Kübel Eis, dass man sich über den Kopf schütten muss, um hinterher drei weitere Menschen zu nominieren, die ebenfalls fürs Lösegeld spenden müssen? Vielleicht eine etwas absurde Idee, die Sache mit dem Eimer und dem Eis, ich weiss. Aber ist mir jetzt grad aus heiterem Himmel eingefallen, Sie können sich ja gerne was anderes überlegen, wenn das zu abgefahren ist.

Was auch immer Sie mit dem Bild tun, hängen Sie es auf keinen Fall aus lauter Anstand auf. Es reicht schon, dass man das ­Gebastel von Kindern wochenlang in seiner Wohnung ertragen muss, bevor man es diskret entsorgt. Bei Erwachsenen sollte man aber auf gar keinen Fall so weit gehen. Ich an Ihrer Stelle würde das Bild in den Keller stellen und nie mehr erwähnen. Wenn Ihre Freundin tatsächlich dreist genug sein sollte, Sie nochmals darauf anzusprechen, dann können Sie entweder auf Zeit spielen (ich bin noch immer nicht dazu gekommen / bin mir noch gar nicht sicher, wo ich es aufhängen will / habe ja bekanntlich zwei linke Hände, bla bla bla), eine Öl-Allergie vortäuschen, oder mit schonungsloser Ehrlichkeit kontern.

Eine schonende ehrliche Lösung gibt es für dieses Problem leider nicht, gopf! Aber Sie könnten vorsorgen und der Freundin den Floh ins Ohr setzen, die Bilder an einer Ausstellung zu verkaufen. Je höher der angebliche Marktwert der Kunst, umso weniger wird sie kopflos verschenkt, nicht?

Herzliche Grüsse! Ihre Kafi.

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