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Hallo Frau Freitag, ich hab da eine Freundin. Denke jedenfalls, dass wir befreundet sind. Deutet eigentlich alles darauf hin. Zumindest von meiner Seite aus. Jedoch sehe ich in dieser Freundschaft ein paar Probleme von denen ich nicht weiß wie und/oder sie lösbar sind und ggf. sogar zum Scheitern dieser Freundschaft führen könnten… Problem 1: Die Freundin benimmt sich immer ein bisschen wie eine Prinzessin. Wenn nicht alles nach ihrer Nase läuft, gibt es Stress und sie wird bockig und das Ende vom Lied ist, jeder sitzt dann letztendlich allein Zuhause. Also absolut null Kompromisse von ihrer Seite, egal worum es geht (Wahl der Disko, Wahl des Lokals, Uhrzeiten und Orte für Verabredungen uvm.). Bisher bin ich immer den leichteren Weg gegangen und habe ihr (fast) alles Recht gemacht… Problem 2: Die Freundin hat scheinbar Probleme damit über Dinge und Themen zu sprechen die sie persönlich angehen. Ich weiß fast nichts über ihre Vergangenheit oder Familie. Kenne hier nur bruchstückhafte Auszüge. Die kleinen Schnipsel ihrer Welt die ich kenne versuche ich manchmal/selten zu vergrößern jedoch macht sie sehr schnell dicht. Sie selbst sagt nur dazu: „in meiner Familie wurde nie viel über ernste Themen gesprochen“. Bohre meistens jedoch nicht weiter nach wenn ich merke, dass es ihr unangenehm wird… So Frau Freitag, wie sehen Sie diese Situation? Ich selbst bin gerade an dem Punkt, an dem ich überlege, ob diese Freundschaft so weiter existieren kann. Will das eigentlich nicht aufgeben. Schließlich merke ich, dass ich ihr nicht egal bin und etwas bedeute, auch wenn sie das nicht immer so zeigt. Aber ich weiß auch nicht, ob ich das durchhalte ihr immer alles recht zu machen und als Dank dafür ihr alle meine Probleme, Gedanken und Sorgen anvertraue und von ihr eigentlich so gar nichts weiß… Ulrike, 22

Liebe Ulrike

In den letzten Tagen und Wochen werden die Fragen, die mir gestellt werden, zusehend länger und länger. Ja, ich bekomme zum Teil richtige Abhandlungen zugeschickt ("dann hat er das gesagt und ich habe dies geantwortet, worauf er jenes getan hat und ich so reagierte, was ihn wiederum dazu veranlasst hat, folgendes zu sagen und mich deswegen provozierte, dies und jenes zu tun") und ich überlege mir langsam aber sicher, den Blog aufzugeben und aus dem Fragestoff Drehbücher zu verfassen. Vermutlich denken Sie und die anderen von mir sehr geschätzten Fragesteller, dass eine detaillierte Frage zu einer detaillierten Antwort führen sollte. Aber dem ist nicht so. Das wäre allzu logisch und für Logik hatte ich noch nie viel übrig. Darum werde ich künftig - stur und bockig, wie ich nun mal bin - auf lange Fragen extra kurze Antworten verfassen. Vielleicht hilft mir diese erzieherische Massnahme vor dem Begrenzen des Eingabefelds oder dem eigenmächtigen Kürzen von eingehenden Fragen. Sie mögen nun entgegnen, dass auch dieser Lösung eine Logik zugrunde liegt, aber das werde ich selbstverständlich vehement abstreiten! (Eigentlich sollten in diesem Absatz einig Smileys stehen. Aber ich habe mir einmal vorgenommen, diese zu vermeiden. Seien Sie bitte so freundlich, sich trotzdem einige vorzustellen, hie und da. Danke!)

Aber nun zu Ihrer Frage und meiner Antwort, liebe Ulrike. Sie schreiben, dass Sie versuchen, der Freundin immer alles recht zu machen und ihr zum Dank noch all Ihre Probleme, Gedanken und Sorgen anvertrauen. Das ist für mich eine vollkommen neue Umsetzung des Danke sagens. Ich habe in meinem Leben schon so manches angestellt, um meiner Dankbarkeit Ausdruck zu verleihen. Ich habe CD's gebrannt, Briefe geschrieben, Kuchen gebacken und Blumen verschickt. Aber ich habe es noch nie versucht, indem ich jemandem meine Probleme erzählt hätte! Im Gegenteil! Naiv wie ich bin, habe ich jahrelang der vorgefassten Meinung vertraut, dass Menschen so ziemlich alles wollen, ausser sich die Sorgen und Probleme Anderer anzuhören. Ich darf gar nicht daran denken, wie viele Freundschaften in meinem Leben vermutlich daran zerbrochen sind, dass ich nicht sorgfältig genug meine Nöte ausgebreitet habe! Wie konnte ich nur so undankbar durchs Leben gehen, ich mache mir gerade sehr grosse Vorwürfe deswegen.

Aber für Sie ist es noch nicht zu spät! Setzen Sie sich einmal in Ruhe hin und ziehen Sie eine Bilanz. Während Sie sich nonstop nach den Wünschen Ihrer "Freundin" richten und wie ein kleines Hündchen Männchen machen, scheint sie das etwas lockerer zu sehen. Es kann gut sein, dass das Fräulein eine Prinzessin ist, die es nicht anders gelernt hat, als dass sich die ganze Welt um sie dreht, als wäre sie das goldige Sünneli. Kann aber ebenso gut sein, dass Sie ihr weniger wichtig sind und Sie darum kaum Kompromisse eingeht und sich zu persönlichen Themen nicht öffnen mag.

Fragen Sie Ihre Freundin direkt danach! Entweder sind Sie nach diesem Gespräch Freundinnen auf Augenhöhe, oder aber eine zickige Principessa los geworden. Beides ist besser, als das was Sie jetzt haben, darum können Sie mit einer ehrlichen Aussprache nur gewinnen, aber kaum verlieren.

Alles Gute! Ihre Kafi.

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