Hoi Kafi. Wir stehen vor der Entscheidung, unsere Traumwohnung zu mieten. Sie liegt etwas über unserem Budget, aber wir möchten sie unbedingt haben! Wir rechnen und kalkulieren seit Tagen hin und her. Hast du uns noch einen Tipp, wie wir Geld für die Wohnung sparen können? Vielen, vielen Dank im voraus! Lukas & Sabina 32/29
Liebe Sabina und lieber Lukas
Als ich Ihre Frage vor ein paar Tagen gelesen habe, musste ich schmunzeln. Denn wenn ich auch einige Kernkompetenzen habe, das klassische Sparen gehört leider nicht wirklich dazu. Ich bin eher der Typ «Sparen beim Kaufen», der zu einem teureren Kauf noch einen günstigen tätigt, um den durchschnittlichen Einstandspreis zu senken. Aber weil ich Ihre Frage sehr spannend finde und weil es sich auch für mich lohnt, mal wieder über diese Frage nachzudenken, habe ich jetzt doch mal eine Liste meiner persönlichen Spartipps aufgestellt.
Aber vorab noch soviel: Mit dem Einzug in seine Traumwohnung spart man automatisch Geld. Sogar, wenn diese zu teuer ist. Das mag im Moment vielleicht schwer nachvollziehbar klingen, ist aber wahr. Wenn man ein schönes Daheim hat, dann ist man auch öfter dort und nicht ständig auf der Flucht. Man hat mehr Freude daran, Freunde einzuladen, und nicht nonstop das Bedürfnis, in Urlaub zu fahren. So far so good.
Ich gehe jetzt einfach mal davon aus, dass Sie die viel bekannten und naheliegenden Dinge wie Krankenkassen- und Versicherungsprämienoptimierung bereits berücksichtigt haben. Da kann man echt Geld sparen, aber man sollte es trotzdem nicht übertreiben damit. Menschen, die jedes Jahr zur günstigsten Krankenkasse und Versicherung rennen, sind mir per se unsympathisch. Alle drei Jahre reicht vollkommen.
Darum hier ein paar unspektakuläre Sparvorschläge, in vollkommen sinnfreier Reihenfolge:
Zahlen Sie Ihre Rechnungen konsequent pünktlich. Ich habe in meinem Leben schon so viel Geld in Mahngebühren investiert, dass mir in jedem Inkassobüro schweizweit mindestens ein Mitarbeiter gehören sollte. Weil sich das aber schlecht mit dem Sklavenhaltungsverbot in unseren Breitengraden verträgt, habe ich mir diesbezüglich etwas Disziplin antrainiert. Das Gleiche gilt für Kreditkarten! Bei Ratenzahlung der aufgelaufenen Schuld zahlen Sie perverse Wucherzinsen! Darum immer den Gesamtbetrag überweisen, auch wenn's im Moment schmerzt.
Überhaupt lohnt es sich finanziell sehr, sich an Regeln zu halten. Nichts ist dümmer verjubeltes Geld als eine Radarbusse oder die Strafe fürs Schwarzfahren. Während ich leichten Herzens Unsummen in schöne Dinge investieren kann, schmerzt es mich tatsächlich körperlich, wenn ich Geld für Regelübertretungen zahlen muss. Ich bin diesbezüglich wahnsinnig eng gebaut.
Übertreiben Sie es ab sofort mit der Zahnpflege! Die tägliche Verwendung von Zahnseide ist zwar unpopulär, aber längerfristig extrem kostensparend. Das wird Ihnen auch die DH versichern, die Sie ab sofort mindestens einmal jährlich aufsuchen sollten. Wenn es etwas gibt, dass einen finanziell in die Knie zwingen kann, dann kaputte Zähne. Wenn Sie es noch mehr übertreiben möchten (ich kenne diesbezüglich keine Grenzen), dann bestellen Sie noch Xylit und spülen Sie den Mund täglich damit. Soll Wunder wirken (und Zahnärzte in den Ruin treiben).
Ich weiss, dass ich mich damit sehr antizyklisch verhalte, aber ich kaufe kaum Bio-Gemüse. Mag sein, dass ich ein Banause bin, aber ich schmecke beim besten Willen keinen Unterschied zu konventionell Angebautem. Und was den gesundheitstechnischen Hype anbelangt, halte ich mich an Beda Stadler. Ob man jetzt an den angeblichen Hygieneproblemen von Biogemüse stirbt, oder doch eher an den Pestiziden von Hundsgewöhnlichem; abtreten müssen wir alle früher oder später. Bei Fleisch kaufe ich, wenn immer möglich, vom Label «Naturafarm». Das ist zwar auch nicht wirklich bio, garantiert aber eine tierfreundlichere Haltung. Viele Konsumenten denken, dass ein Bio-Label automatisch artgerechte Haltung garantiert. Aber Pusteblume. Wer dem Tier, was er auf dem Teller hat, was an Lebensqualität gönnt, kauft Naturafarm. Oder direkt auf einem Bauernhof seines Vertrauens.
Lernen Sie kreativ kochen. Ein hübsches Menü nach Kochbuch kochen kann jeder. Mit den Resten im Kühlschrank was Anständiges auf den Tisch zaubern, ist aber erst die hohe Kunst des Kochens! Und spart enorm Geld.
Erlauben Sie sich die absolute Unsexyness einer Cumulus- bzw. einer Supercard-wir-können-alles-sehen-was du-kaufst-und-das-dann-werbetechnisch-extrem-raffiniert-ausnützen-Karte. Ist spiessig und datenschutztechnisch bedenklich, aber einfach gespartes Geld. Und es kann Ihnen nun wirklich Wurst sein, dass man weiss, dass Sie gern Gepökeltes essen und mit den Standard-Parisern verhüten. Who cares, föck nonemol?
Künden Sie Ihr Fitnessabo. Wenn Sie nicht zu den total Gepickten gehören, schwitzen Sie es eh nicht raus. Gehen Sie stattdessen, wann immer möglich, zu Fuss. Das bringt auch noch Ihre Hirn-Hemisphären in Balance und hilft damit, Entscheidungen zu treffen. Und kostet rein gar nichts.
Wenn Sie noch rauchen, hören Sie damit auf. Dümmer Geld ausgeben, als für Zigaretten, geht glaub's überhaupt nicht.
Verzichten Sie ebenfalls auf Duschgel. Absoluter Schwachsinn zu denken, dass man sich jeden Tag mit waschaktiven Substanzen abreiben muss. Wer nicht in der Küche oder auf dem Bau arbeitet, wird mit Wasser sauber genug. Und schwitzt automatisch auch weniger, aber das ist ein anderes Thema. (Was um Gottes Willen nicht heissen soll, dass Sie die Anschaffung eines Deos streichen sollten. Dort lohnt es sich nun wirklich nicht, zu sparen!) Kaufen Sie stattdessen ein richtiges Rasiermesser, Lukas. Im Anschaffungspreis wieder teurer, aber man kann es ewig schleifen und hat es darum schnell amortisiert. Der Preis von Wegwerfklingen ist der grösste Witz überhaupt, aber es ist schliesslich für das Beste im Mann, gell.
Überhaupt können Sie im Bereich der Körperpflege viel Geld einsparen. (Ich war den ganzen gestrigen Sonntag auf der Beauty-Messe und musste einsehen, dass es vermutlich ein Segen ist, wenn man sich all die exquisiten Interventionen nicht leisten kann.) Denn was nützt schon das teuerste Gesichtscremli, wenn man dann den ganzen Tag einen sauren Stein reisst. Kaufen Sie stattdessen irgendwas Befeuchtendes von L'Oreal und lachen Sie, wann immer möglich. L'Oreal ist weltweit führend in der Hautforschung. Dieses Wissen steckt sogar in der günstigsten Creme der Marke. Und anstatt sich in einem teuren Markenschaumbad einzuweichen, baden Sie im (Speise-)Meersalz von der Migros für 2.70 das Kilo. Das macht Ihre Haut superzart, versprochen. Und das Schleppen ersetzt ebenfalls das gekündigte Fitness-Abo.
Eröffnen Sie ein Benutzerkonto bei einer Bibliothek. (Wenn Sie nicht wie ich einen Germanisten und seine 8000 Bücher im Haus haben, werden Sie so voll auf Ihre Kosten kommen.) Sie können dort übrigens auch viele Zeitungen und Magazine lesen. Auch solche, die man sonst nur heimlich beim Zahnarzt liest, den man mit obigen Tipps künftig weniger sehen wird.
Kaufen Sie insgesamt lieber weniger, dafür ausgewählter. Entwickeln Sie Ihren eigenen Stil und machen Sie sich damit unabhängig von komischen Modetrends. Viele mögen es ja spannend finden, mit Hilfe von Billiganbietern wie H&M und Zara jedem letzten Schrei nachzuhecheln. Aber wirklich Freude kann man an diesen liederlich verarbeiteten Lumpen doch nicht wirklich haben. Und das Wissen über die Rahmenbedingungen, unter denen sie produziert werden, macht auch nicht wirklich froh. Gönnen Sie sich ab und an was sorgfältig Verarbeitetes und pflegen Sie das dann liebevoll.
Das Gleiche gilt für Schuhwerk. Lieber gut Verarbeitetes kaufen und das dann hingebungsvoll behandeln. Ich habe mir angewöhnt, neue Schuhe mit Ledersohlen immer sofort nach Kauf besohlen zu lassen. Haut zwar nochmals knapp 40 Stutz drauf, aber das investiere ich gerne, wenn sie dann dafür jahrelang halten. Der mit Abstand beste und preislich anständigste Schuhmacher ist übrigens der Salvatore Viceconte an der Lagerstrasse 44, an Zürichs Europaallee. Und die wertvollste Schuhcreme kommt von Burgol.
Wenn Sie dann - trotz der neuen Wohnung - mal wieder in die Ferien fahren möchten, so überlegen Sie sich gut wohin. Ich persönlich bevorzuge einen Kurzurlaub bei den gastfreundlichen Menschen im Grandhotel Giessbach, gegenüber zehn Tagen in einem seelenlosen Silo in Dubai oder Ägypten.
Unterschreiben Sie den Vertrag. Schön zu wohnen, ist eine so grosse Ressource. Dafür findet sich immer irgendwo noch etwas Geld. Oder aber Sie machen es so wie mein alter Freund und lassen sich beharrlich und immerfort einladen. Das wirkt sich früher oder später auch auf die Grösse des Freundeskreises aus, und es lässt sich bekanntlich auch damit sparen, dass man nur noch für sich selber kocht ...
Viel Spass im neuen Heim! Und alles Gute. Ihre Kafi.