Ich habe ein therapeutisches Problem: Wie behandle ich eine 70jährige Frau, die weint, wenn ihr 70jähriger Mann aggressiv wird? Danke, lg, Britta 35 P.S.: Botox ist kein Mittel der Wahl. Hugo Stamm begegnet sie mit dem Vatikan. Und sie isst Fleisch. Und sie hat auch keinen Führerschein.
Liebe Britta
Solange Ihre Klientin dem Hugo Stamm nicht mit Botox begegnet, besteht noch Hoffnung. Es lohnt sich darum durchaus, die Sache mal anzuschauen. Die Dame ist 70 und weint, wenn ihr ebenfalls 70 jähriger Mann aggressiv wird. Aha. Anscheinend scheint sie damit ein Problem zu haben, sonst wäre es in den Sitzungen ja kein Thema. Für viele Menschen ist weinen kein Problem, sondern Strategie und die Tatsache, dass die Frau dies anscheinend schon eine ganze Weile so macht, deutet ebenso auf eine Strategie hin. Vermutlich sogar auf eine funktionierende, sonst hätte sie längst etwas anderes ausprobiert.
Mal angenommen, diese Klientin würde neben mir in meiner Praxis sitzen. Dann würde ich ihr Fragen stellen und versuchen herauszufinden, welche Werte verletzt werden, wenn Ihr Mann aggressiv wird. Vielleicht wird die Frau inhaltlich beleidigt, oder aber sie weint wegen der Lautstärke, die ihr Mann dann anschlägt. Wenn dieser Punkt etwas Klärung gebracht hat, dann würde ich mit ihr zusammen herausfinden, was das Weinen Ihr bringt. Irgend etwas muss es ihr bringen, sonst würde sie es nicht schon solange tun. Es kann gut sein, dass ihr Mann darauf reagiert, indem er sanfter wird, oder eine ganz andere Reaktion zeigt. Diesen "Nebennutzen" des Weinens würde ich etwas genauer unter die Lupe nehmen und versuchen, den positiven Effekt auf andere Art und Weise zu erlangen. Dafür würde ich die Frau ganz einfach fragen, was ihr in solchen Momenten am meisten helfen, sie am besten unterstützen würde. Erstaunlicherweise wissen meine Klienten relativ schnell und präzise, was das sein könnte. Diese Ressource suchen wir dann gemeinsam in der Vergangenheit der Kundin und holen sie zurück in ihr Bewusstsein. Dies kann 'Stärke', 'Gelassenheit', 'Mut' oder eine ganz andere Eigenschaft sein. Und welche auch immer es ist, man wird sie im Leben der Frau finden. Wenn auch in einem ganz anderen Kontext, das spielt dabei keine Rolle. An dieser Qualität würde ich mit ihr arbeiten und diese verankern, damit die Klientin diese beim nächsten Mal, wenn ihr Gatte aggressiv wird, sofort abrufen kann.
Es kann aber gerade so gut sein, dass das Weinen nur etwas Vordergründiges ist und sich dahinter etwas ganz anderes verbirgt. Dies würde bei der obenstehenden Fragestrategie sichtbar werden und dann wäre halt das neue Thema im Fokus.
Was ich Ihnen hier beschrieben habe, ist ein Kurzabriss, wie ich mit NLP an dieses Thema herangehen würde. Diese Vorgehensweise hat den Vorteil, dass Sie effizient funktioniert und bei sich selber ansetzt. Es wäre natürlich schön, wenn der Mann gar nicht mehr aggressiv würde. Aber das ist leider Utopie und deshalb geht es darum, wie die Frau damit umgehen kann, ohne darunter zu leiden.
Ich hoffe sehr, dass meine Antwort Ihnen etwas weiterhilft und grüsse Sie ganz herzlich. Ihre Kafi.
P.S. Wie auch immer Sie vorgehen, bitte legen Sie Ihrer Klientin den Führerschein nahe. Er erleichtert die Flucht vor aggressiven Ehemännern enorm.