Ich stehe kurz vor einer sehr wichtigen Beförderung ins Kader meiner Firma. Meine Frau (31) befürwortet diesen Schritt weil er mit besserem Lohn verbunden ist. Aber gleichzeitig unterstützt sie mich nicht genug. Sie zweifelt an meiner Kompetenz und versteht nicht dass ich am abend nicht um 17 Uhr am Familientisch sitzen kann. Sie unterstellt mir, dass ich mich im Business ausnutzen lasse. Wir haben 1 Kind (3), meine Frau arbeitet 30%. Wie mache ich ihr klar dass mehr Arbeit + Verantwortung dazugehört? Stefan, 35
Tags
Lieber Stefan
Ich staune immer wieder, wie wenig Bewusstsein auf Seiten von Frauen darüber besteht, was es bedeutet, eine Familie zu ernähren. Ihre Frau arbeitet auch und beteiligt sich so am Einkommen, aber der Mammutanteil hängt dennoch an Ihnen. Ich kenne viele Frauen, die zwar die Annehmlichkeiten eines guten Jobs sehr begrüssen, aber gleichzeitig erwarten, dass man Abends pünktlich am Tisch sitzt und am Wochenende Zeit hat. Sobald man aber ins Kader aufsteigt oder aber eine Firma führt, ist dies kaum mehr möglich. Das mehr an Kohle kommt fast immer mit einem mehr an Verantwortung und Einsatz daher, eigentlich ja logisch.
Weil aber die wenigsten Frauen schon mal volle finanzielle Verantwortung für eine Familie tragen mussten, können sie sich schlecht in diese Rolle einfühlen. Sie spüren nicht den Druck, den man erlebt und darum setzen sie mit ihren Erwartungen noch mehr davon auf. Das ist nicht fair, ich stelle das in meiner Coachingpraxis immer wieder klar, wenn es zu diesem Thema kommt. Ich könnte mir gut vorstellen, dass es Ihrer Frau auch so ergeht. Es ist drum wichtig, dass Sie mit ihr deutlich über diese Dinge reden. Falls Ihre Frau einen weniger verantwortungsvollen Beruf ausübt (und das ist bei 30% meistens der Fall), dann wird ihr vielleicht nicht klar sein, was ein Managerposten mit sich bringt. Wichtig ist aber, dass Sie in diesen Gesprächen die Leistung Ihrer Frau nicht abwerten. Sie ist für Ihr gemeinsames Kind verantwortlich und das ist auch nicht ohne, im Gegenteil. Sie trägt hier eine immense Verantwortung und Sie in der Rolle des Ernährers. Vielleicht sehen Sie manchmal auch nicht genug, was an Ihrer Frau alles hängt. Darum wäre es sinnvoll, das Gespräch auf einer Ebene zu führen, auf der beide Ihre Aufgaben und Verantwortlichkeiten aufzeigen können. Das hilft, sich gegenseitig besser wertzuschätzen und zu anerkennen.
Darüber hinaus gibt es aber noch eine andere Seite in diesem Thema: Frauen wünschen sich zwar gern einen erfolgreichen und gut verdienenden Partner. Gleichzeitig haben Sie aber Angst, dass dieser durch diesen Erfolg zu attraktiv wird für andere Frauen. Wenn ich auch weiss, dass es keine Frau zugeben würde, so begegne ich dieser Tatsache in meiner Praxis sehr oft. Männer, die beruflich erfolgreich sind, entwickeln ein grösseres Selbstbewusstsein und das kann einer Frau Sorge bereiten. Was, wenn er sie plötzlich überflügelt und nicht mehr interessant findet? Was, wenn er geht? Diese Fragen werden meistens nicht bewusst gestellt, aber unterbewusst torpedieren Frauen gern die Karriere ihrer Männer, während sie gegen Aussen betonen, wie sehr sie sich über dessen Erfolg freuen.
Ob das bei Ihrer Frau der Fall ist kann ich natürlich nicht mit Sicherheit beurteilen. Aber wenn ich lese, dass sie Sie gleichzeitig pusht und hinterfragt, dann erkenne ich eine solche Dynamik. Ob eine solche Situation in einem Gespräch zu lösen ist, ist fraglich. Denn dafür müsste zum einen die Reflexion darüber vorhanden sein und zum andern die Ehrlichkeit, über die eigene Unsicherheit zu reden. Und die meisten Menschen würden sich lieber die Zunge abschneiden, als Unsicherheit oder Eifersucht einzugestehen...
So oder so werden Sie sich aber gemeinsam hinsetzen müssen um das Thema anzugehn. Gerade als Familienvater werden Sie auf die Unterstützung Ihrer Frau angewiesen sein, wenn Sie Karriere machen wollen. Es wäre ein guter Zeitpunkt um herauszufinden, was Ihre Frau will. Kann Sie sich vorstellen, Ihnen den Rücken freizuhalten oder möchte sie lieber eine eigene Karriere haben? Meistens werden diese Themen nicht klar besprochen, weil die klassische Rollenverteilung, die durch gesellschaftliche Normen wie den elenden Mutterschaftsurlaub vorgegeben wird, nicht hinterfragt wird. Zwingen Sie sich beide dazu, hier genau hinzusehen. Es lohnt sich.
Ganz herzlich, Ihre Kafi