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Liebe Frau Freitag! Ich bin allein Erziehende Mutter eine aufgeweckten, tollen 8 jährigen Sohnes und muss feststellen, der kleine Racker wird ganz schnell, ganz schön gross! Es ist wohl jeder Eltern Wunsch, die Kinder zur Selbstständigkeit zu erziehen und sie auf das Leben "draussen" vorzubereiten. Mein Sohn ist ein sehr selbstständiges Kind und nun schon super viel mit seinen Gspändli unterwegs. WIr wohnen wirklich toll, mit grossem Spielplatz und viel Grün rund herum, perfekt für Kinder. Auch sind in unserer nächsten Nachbarschaft einige Kinder und alle zusammen ein richtig kleiner, lustiger und lauter Haufen, die immer zusammen unterwegs sind. Ich freue mich wirklich sehr für meinen Sohn und er geniesst es bereits sehr, schon "seinen eigenen Weg" zu sein. Nun merke ich aber langsam, dass die Zeit mit der Mutter zu verbringen schon nicht mehr so wichtig ist für ihn. Klar ist es immer gut zu wissen, dass Mama umä ist, doch die Zeit mit den Freunden zu verbringen, gefällt meinem Sohn mittler weilen besser. Ich möchte noch sagen, wir haben ein super Verhältnis zusammen, und mir ist auch klar, dass dieses Verhalten völlig normal ist für Kinder, war bei mir früher mit meinen Eltern ja auch so. Doch wie kann "Mutter" lernen, dass das Kind langsam Flügge wird? Ich bin wohl eher etwas eine Glugge, auch wenn ich ihn doch immer raus gehen lasse, ich will ihm ja nicht den Spass verderben. Doch so macht es mich oft etwas traurig und ich denke: mein Baby ist schon so gross! Die Zeit mit ihm zusammen geniesse ich dann um so mehr und wir haben immer viel Spass zusammen, doch ist mir bewusst, dass es wohl auch immer etwas weniger werden wird, muss wohl so sein, auch wenn er erst 8 Jahre alt ist und sowieso noch eine Weile zuhause wohnen wird! Irgend ein bescheuertes Hobby deswegen zu beginnen muss ich aber doch nicht, Malen, Töpfern und dergleichen sind nix für mich und einen Hund zum Kuscheln brauche ich auch nicht, mir geht es sonst sehr gut mit meinem Leben und was mit meiner Zeit anfangen weiss ich immer. Doch manchmal wünschte ich mir schon, mein kleiner Grosser würde nicht so schnell grösser werden.... Nun ja, vielleicht ist das wohl einfach so eine Sache mit den Müttern und ihren Kindern... Doch falls Sie einen Tip hätten, wie Mutter das alles etwas besser "verdauen" könnte, wäre ich Ihnen dankbar! Herzlichst von Mutter zu Mutter, Sina 39

Liebe Sina

Sie haben eigentlich nur zwei Möglichkeiten. Die eine ist, das Kind in einem Kinderbett schlafen zu lassen, dass nicht länger als 1,65 m lang ist, mit ihm ausschliesslich in debiler Kindersprache zu kommunizieren und ihn bis ins hohe Alter im Auto in den Kindersitz zu quetschen. Dies wird sein körperliches wie geistiges Wachstum nachhaltig bremsen. Vielleicht eine etwas brachiale Methode, aber dafür wird Ihr Sohn auch mit 58 Jahren noch bei Ihnen im Kinderzimmer leben. Es gibt tausend Arten, sein Kind abhängig von sich zu machen. Ob man den natürlichen Freiheitsdrang beschneidet, oder ihm eine Kreditkarte ohne Limite in die Händ drückt, macht eigentlich keinen Unterschied.

Die andere ist, sich darüber zu freuen, dass Sie einen gesunden, aufgeweckten und aufs Leben neugierigen Sohn hervorgebracht haben, der sich langsam auf seinen eigenen Weg macht, der wohl oder übel von Ihnen wegführen wird. Das mag manchmal schmerzlich sein, ich kenne das nur zu gut. Aber ich bin zutiefst davon überzeugt, dass der Weg keine Einbahnstrasse sein muss. Wenn es uns gelingt, unsere Kinder ohne schlechtes Gewissen ziehen zu lassen und ihnen einen Rucksack vollgepackt mit unserem Vertrauen mitgeben, dann werden diese immer wieder gerne zurückkehren. Und sei es nur, um die schmutzige Wäsche abzugeben und mal wieder warm zu essen.

Der Freiheitsdrang unserer Söhne ist ein Zeichen dafür, dass wir vieles richtig gemacht haben. Darum dürfen Sie stolz auf sich selber sein, selbst wenn das mütterliche Herz ab und an unter dem Trennungsschmerz leidet.

Das Leben und auch die Natur mit ihren Jahreszeiten ist in einem immer wiederkehrender Zyklus von Autonomie, Annäherung, Symbiose und Loslösung. Nur wer imstande ist, los zu lassen, wird die freiwillige Annäherung des Gegenübers erleben können. Dieser Prozess ist wunderbar beschrieben im Megha-Kreis der Entwicklung. (meghakreis als PDF) Dies gilt für jede Partnerschaft und auch für die Beziehung zu Kindern. Freuen Sie sich darum jedes mal, wenn Ihr kleiner Racker abends nach dem Streifzug erschöpft zu Ihnen heimkommt und sich von Ihnen zudecken lässt.

Mit lieben Gruss, von Mutter zu Mutter. Ihre Kafi.

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