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Liebe Frau Freitag. Ich werde bald 30. (Woow komme somit langsam in die Jahre) Alle um mich herum pflanzen sich fort und reden über Kinder. Nur bei mir tut sich nichts, (ich meine kein Kinderwunsch fühlbar, jedoch immer noch konstante Freude am Akt der Fortpflanzung). Wird dieses Wunsch noch kommen oder muss ich mir ein Hobby suchen? Martina, 30

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Liebe Martina

Sie dürfen sich freuen; 30 ist ein grossartiges Alter. Frau bekommt dann langsam eine Ahnung, was ihr gut tut und was weniger. Ich persönlich finde das Leben nach 30 um Längen besser, als das zuvor. (Aber das kann natürlich auch daran liegen, dass es zuvor allzu orientierungslos und turbulent war. Wer weiss.)

Wegen des Kinderwunschs: Es ist eine erstaunliche Tatsache, dass er bei fast jeder Frau kommt. Irgendwann. Wenn nicht zum biologisch günstigen Zeitpunkt, dann spätestens dann, wenn er langsam ungünstig wird. Wenn Frau in ihrem Leben alles unter Kontrolle gebracht hat, was unter Kontrolle zu bringen ist (Karriere, Wohnung, Beziehung, widerspenstige Stirnfransen), dann kommt sie oft noch auf die Idee, sich noch der Familienplanung zu widmen. Welch krudes Wort!!! Als liesse sich so etwas planen! Und ist dann gröber erstaunt, dass sich das nicht so easy timen lässt.

Irgendwie scheint die Machbarkeit einer Schwangerschaft, die im fortschreitenden Alter jäh abnimmt, eine Art von Ehrgeiz zu wecken, die Frauen bezüglich Babys davor nicht an den Tag legten. Aber kaum ist der Zug beinahe abgefahren, wird Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt, um auch noch diese letzte Chance bis zum Letzten auszureizen. Gevögelt wird nur noch, wenn der Eisprungrechner piepst und das fehlende Kind wird zur Wahrheit letzter Schluss. Zur fixen Idee, die plötzlich übergross wird und alles andere in den Schatten stellt. Ein Kind muss her! Sofort!

Wenn die Bestellung auf natürlichem Wege nicht klappen will, dann hilft man halt nach. Wär ja gelacht! Wenn alternde Hollywoodstars noch Zwillinge zustande bringen, dann muss das doch bei einem selber auch funktionieren. Man hat ja sonst immer alles erreicht, was man sich vorgenommen hat. Und auch die finanziellen Mittel sind schliesslich vorhanden. Der renommierteste Arzt setzt einem die hoffnungsvollsten Zellen ein. Und trotzdem kommt manch eine Frau urplötzlich auf die Welt.

Weil sich die Natur nicht ins Handwerk pfuschen lässt. Natürlich kann man sie befeuern und ihr auf die Sprünge helfen. Aber es scheint noch immer in anderen Händen zu liegen, ob einem ein Kind vergönnt ist, oder nicht. Ob das gerecht sein soll? Natürlich nicht. Aber wann war das Leben schon je gerecht.

Was ich Ihnen hier aufzeige, ist der Weg vieler Frauen, die sich über viele Jahre anderen Themen gewidmet haben, in der Hoffnung, dass sie dann per Knopfdruck ein Baby bestellen können, wenn es gerade gut ins Konzept passt. Aber irgendwie scheinen sich Babys vor günstigen Konzepten zu sträuben. Als würden sie ahnen, dass sie die Funktion eines neuen Projekts übernehmen müssten. Lieber überraschen sie dort, wo man sie nicht erwartet. Zumindest kommt es mir so vor, als kämen überall dort Kinder zur Welt, wo man noch gar nicht mit diesen gerechnet hatte und würden sich dort verweigern, wo man nichts anderes tut, als sie herbeizusehnen.

Oder die vielen Beispiele von Paaren, die über Jahre schwanger werden wollen und sich dann irgendwann trennen, verletzt ob der eigenen Unfähigkeit. Nicht selten sieht man die Frau ein paar Monate später mit Kugelbauch, der aus einer leidenschaftlichen Affäre entsprungen ist und der Mann schiebt alsbald den Kinderwagen einer neuen Frau.

Sie fragen sich jetzt vielleicht, ob eine Frau auch ohne Kind glücklich sein kann. Ich denke ja. Aber die Natur hat uns mit einer Gabe ausgestattet, die eigentlich erfüllt werden will. Ob man diese Erfüllung in einer anderen Aufgabe finden kann, ist für mich persönlich fraglich. Denn jeder Job und jede Paarbeziehung ist aufkündbar. Die unsichtbaren Bande zwischen Mutter und Kind halten aber für ewig. Und ich vermute, dass sich jeder von uns tief im Süden seines Herzens danach sehnt, etwas zu leben, dass alles andere überdauert.

In diesem Sinne rate ich Ihnen zu weniger Denken und mehr geschehen lassen. Es gibt Dinge, die lassen sich nicht mit Denkleistung und Pro/kontra-Listen steuern. Und das ist auch gut so. Und von Hobbys habe ich noch nie viel gehalten. In der Freizeit gezüchtete Steckenpferde sind was für Menschen, die's beruflich nicht gebacken kriegen.

Alles Liebe. Ihre Kafi.

 

 

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