Liebe Frau Freitag, letztes Jahr hatte ich so viel Arbeit, dass ich keine Ferien machen konnte. Ich plante für Juni dieses Jahres eine dreiwöchige Reise mit einer Freundin, nun hat diese einen Unfall gehabt. Also fragte ich jemand anderen. Die sagte zu, dann wurde ihre Mutter krank, also nahm ich mir vor, eine Freundin, die seit Jahren im Ausland lebt zu besuchen, die mich seit ewig eingeladen hat. Sie besucht genau dann ihre Tochter in Equador. Nun bin ich es müde zu suchen und etwas bang vor den drei Wochen. Verschieben geht nicht, hierbleiben auch nicht ich möchte so gern ans Meer! Danke für einen Hinweis und Gruss. Sabina, 55
Liebe Sabina
Es ging mir ganz ähnlich, im letzten Jahr. Ich hatte Ferien geplant mit meinem Sohn, meinem Vater, seiner Freundin und mit meinem damaligen Freund. Und es kam alles anders, genau so wie bei Ihnen. Die Beziehung ging kurz vor Abflug in die Brüche und die Eltern verhielten sich so saumässig saublöd, dass ich den Urlaub von mir und meinem Sohn kurzfristig stornierte. So sass ich drei Tage vor Ablauf der Sommerferien wie ein Häuflein Elend bei meinem Psychotherapeuten und klagte ihm mein Leid. Alle, wirklich alle hatten einen Urlaub an einem wunderschönen Ort verbracht und ich hatte dafür bezahlt und währenddessen Zuhause auf meinem Balkon gesessen. Die Zeit war zu kurz, um ins Ausland zu reisen und auch die Krise stand ebenfalls kurz bevor. Mein Therapeut, angewandt und praktisch wie er ist, empfahl mir das Grandhotel Giessbach am Brienzersee und schickte mich mit der Adresse wieder weg. Ich, folgsam und praktisch wie ich bin, fuhr nach Hause und buchte umgehend die folgenden zwei Nächte. Und so packte ich noch am gleichen Tag meinen Weekender und fuhr ins Berner Oberland.
Dort verbrachte ich zwei Nächte und drei Tage und es geschah wundersames mit mir. Ich verlor jedes Gefühl für Zeit und Raum. Ich kam bei mir an. Ich spazierte dem tosenden Wasserfall entlang oder las Hypnosebücher am Biopool. Ich ass mutterseelenallein im Sternerestaurant und trank danach meinen Baileys in der wunderschönen Bar. Ich traf zauberhafte Menschen und führte spannende Gespräche. Ich fühlte mich rundum glücklich und wusste, dass ich einen besonderen Ort gefunden hatte.
Darum rate ich Ihnen genau das Gleiche, liebe Sabina. Vergessen Sie das Meer und fahren sie an den Brienzersee. Nehmen Sie den Zug bis Interlaken und danach das Kursschiff Richtung Giessbach und ergötzen Sie sich am türkisgrünen Wasser und den schroffen Felswänden, die daraus erwachsen. Wenn Sie es sich leisten können, dann bleiben Sie ein paar Tage und nehmen sich ein Zimmer gen Wasserfall. Wenn Sie es sich nicht leisten können, dann nehmen Sie sich ein Einzelzimmer für eine Nacht oder fahren morgens hin und Abends wieder heim. Vergessen Sie die Zeit und lesen Sie Helmi Siggs Geschichte "Sherlock Holmes und der Giessbach-Fall". Was auch immer Sie tun können, tun Sie es!
Sie werden als neuer Mensch heimkommen und nicht mehr genau wissen, ob Sie nun drei Tage oder drei Wochen dort verbracht haben und der Unterschied zwischen See und Meer wird verwischen. Seien Sie nett zum Personal und grüssen Sie mit den Herr Unternährer herzlich! Er wird froh sein, wenn Sie mit dem Schiff anreisen, weil er dann nicht nach der Handbremse Ihres Wagens suchen muss, wenn er ihn umparkiert.
Und wenn möglich, behalten Sie den Tipp für sich. Es ist schon jetzt schwierig genug, ein Zimmer zu bekommen!
Alles Liebe, Ihre Kafi.