Liebe Frau Freitag, . Was wir vom Lügen halten sollen, wissen wir alle. Lügen ist pfui. Trotzdem hat jeder schon mal gelogen, gibt das auch zu, nennt es Notlüge und die Sache ist gegessen. Wie steht es aber mit der Untreue? Sie steht – insbesondere für Frauen – auf unterster Stufe der sozial geächteten Untaten, weit unter lügen, Kinder anschreien und Fussball doof finden. Noch nie kriegte jemand Absolution, der beim Fremdgehen ertappt wurde und dabei entschuldigend die Schulter zuckte und sagte: "Sorry, das war halt ein Notfick!" Dabei kann die Untreue auch Gutes tun. Ich kenne einige Fälle, genauer gesagt einen, bei dem die Untreue die Beziehung gerettet hat. Anstatt sich ewiglich zu verzehren nach dem Gras in Nachbars Garten wurde es probiert. Das Sehnen hörte auf – das Gras war nicht besser als im eigenen Garten und somit der Aufwand viel zu gross, um sich nochmals unter dem Zaun durchzuzwängen, für etwas, das am Schluss doch nur Gras war. Soll ein promiskuitiver Mensch seinem Drang nachgeben, wenn das Prinzip "was ich nicht weiss, macht mich nicht heiss" gilt? Oder kommt man dafür in die Hölle? Cornelia, 44
Liebe Cornelia
Sie kennen einige, genauer gesagt einen einzigen Fall, bei dem die Untreue die Beziehung gerettet hat. Ich kenne wenige, genauer gesagt keinen einzigen Fall, bei dem der Seitensprung so heilsam gewirkt hätte. Allerdings kenne ich auch die Hölle nicht und das könnte einen beim genaueren Hinsehen darauf schliessen lassen, dass ich so einiges nicht kenne.
Wenn Sie einen Notfick brauchen, um Ihrer Beziehung wieder etwas Leben einzuhauchen, dann werde ich Ihnen darum nicht die Absolution erteilen, die Sie mit dieser Frage wohl abholen möchten. Mit der Hölle oder anderen Destinationen werde ich Ihnen aber auch nicht drohen, da ich, wie gesagt, noch nicht allzu weit gereist bin und daher nicht abschätzen kann, wohin Sie die Aktion führen wird. Aber vielleicht lassen Sie es uns in einer weiteren Frage ja wissen, wer weiss?
Alles Gute, Ihre Kafi.