Liebe Kafi. Seit 7 Jahren lebe ich mit meinem Freund zusammen und überlege seit einem halben Jahr, ob ich mich trennen soll und kann mich nicht entscheiden. Irgendwie ist "Nichts" mehr da, was uns zusammenhält. Es gibt immer noch schöne Momente mit ihm, aber oft denke ich, dass mich nur meine Bequemlichkeit und die Angst, nochmals neu anzufangen bei ihm hält. Das traute Zuhause verlieren will ich nicht, aber dennoch zieht es mich sehr nach "draussen", fürchte mich aber vor dem alleine sein. Es wir ihm sein Herz brechen, wenn ich mich von ihm in voller Ahnungslosigkeit trenne und es bricht mein Herz bei dem Gedanken, dass es die ewige, grosse Liebe nicht gibt, weil man sie vernachlässigt hat oder weil sie einem nach vielen Jahren einfach abhanden gekommen ist. Wenn ich ihm erzählen würde, wie ich mich fühle, dann würde er sich glaube ich von mir trennen, aus verletztem Stolz. Ich würde mir eine Wohnung suchen und ihm erst dann sagen, dass ich ausziehe, wenn ich diese habe weil ich mich vor der Zeit so fürchte, nachdem ich es ihm gesagt habe und noch in der Wohnung bleiben muss bis ich eine neue habe. Ich fühle mich so mies, bei dem Gedanken, mich einfach davonzustehlen. Muss ich mit ihm vorher sprechen? Eliane, 34
Liebe Eliane
Aber warum vorher? Können Sie ihn nicht einfach nach dem Umzug zur House-Warming Party einladen und hoffen, dass er solange nichts merkt?
Selbstverständlich müssen Sie mit ihm reden. Und ja, das wird schmerzhaft werden und ja, es kann sein, dass er deswegen die Beziehung von sich aus auflöst. Aber es gibt keinerlei Ausweg, der Sie vor diesem Gespräch erlösen würde. Oder möchten Sie die sein, die mal eben Zigaretten holen geht und nie wieder zurück kommt? Wie vorbei die Beziehung nach sieben Jahren auch sein mag, ein ehrliches Gespräch zum Ende haben Sie beide verdient.
Ich habe schon oft mit ansehen müssen, wie Eltern ihr Kind in den Hort bringen und sich nicht anständig von ihrem Kind verabschieden, sondern klammheimlich davonschleichen, aus Angst vor einer Abschiedsszene. Wenn Sie es mit Ihrem Partner in ähnlicher Weise tun, dann degradieren Sie ihn ebenfalls zum Kind, dem man angeblich keinen Abschied zumuten kann. Aber Kinder haben den Abschied verdient und die Tränen stehen ihnen zu. Und Ihrem Freund ebenso. Er wird schockiert sein, das sagen Sie ja selber. Aber es ist oftmals so, dass der eine bereits innerlich gekündigt hat und auf dem Absprung ist, während sich der andere noch sicher und aufgehoben fühlt. Selten haben beide Partner zeitgleich das identische Gefühl, dass eine Trennung jetzt das Beste wäre. Einer wird dabei immer verletzt und der andere ist immer der "Böse", der die Beziehung beendet. Selbst dann, wenn beide die Trennung wollen, sind diese Rollen noch vorhanden und man fürchtet sich darum, den Gedanken als erster auszusprechen.
Und trotzdem verstehe ich Ihre Angst vor der Zeit, die Sie beide getrennt und doch zusammen verbringen müssen. Wenn Sie den Entschluss gefasst haben, die Beziehung zu beenden, dann ist es tatsächlich ratsam, diese Phase auf ein Minimum zu verkürzen. Wenn Sie also demnächst eine Wohnung haben, dann können Sie noch ein klein wenig auf Zeit spielen und gute Miene zum bösen Spiel machen. Wenn Sie allerdings in einer Stadt wie Zürich leben, in der alte Menschen vor Strassenbahnen geschupst werden, um etwas Entspannung in den Wohnungsmarkt zu bringen, dann rate ich Ihnen zu einer Übergangslösung wie zum Beispiel dem Sofa einer Freundin. Den Schaden, den Sie sich selber zufügen, wenn Sie dem Mann ein paar Monate lang eine Beziehung vorgaukeln müssen, werden Sie danach nämlich reparieren müssen und das ist kein guter Start in ein neues Leben. Beenden Sie die Verbindung darum so anständig wie möglich, im Wissen darum, dass es keine keimfreie Trennung gibt. Sie werden ihn verletzen und das wird Ihnen beiden weh tun. Aber Sie sind beide erwachsene Menschen und Abschiede gehören zum Leben dazu. Sie werden darüber hinweg kommen. Und er auch, wenn Sie ihm auf Augenhöhe begegnen und ihm damit die Chance geben, sich mit der Tatsache auseinander zu setzen.
Ich wünsche Ihnen ganz viel Kraft in dieser für Sie nicht einfachen Zeit und grüsse Sie von Herzen. Ihre Kafi.