Liebe Kafi. Ich habe soeben die Doku "the secret" auf Netlix angeschaut und in mir kam dabei ein leichter Würgerefelx auf: Denke nur positiv, und ALLES WIRD FUNKTIONIEREN! Und das, obwohl ich selber an die Kraft der Gedanken glaube. Jedoch nicht in allen Bereichen. In meinen Augen kann man vieles, jedoch nicht alles durch positives Denken beeinflussen. Gewisse Dinge benötigen viel Arbeit und Krebs lässt sich so wohl nicht heilen. Wie stehst du zu diesem Thema? Laura, 24
Liebe Laura
Ja, da haben Sie sich was sehr vereinfachtes und furchtbar amimässig Aufbereitetes zu Gemüte geführt und ja, ich kann Ihren Würgereflex gut nachvollziehen. Diesen Film kann mich sich ohne solche Gefühle anschauen, solange alles easy peasy läuft im Leben, aber sobald man mit einem Thema wie dem von Ihnen erwähnten Krebs konfrontiert ist, geht es vermutlich nicht mehr ganz so einfach.
Mir gefällt der Ansatz, dass ich meines eigenen Glückes Schmied und damit sehr eigenverantwortlich bin sehr gut. Aber mir ist auch bewusst, dass es Schicksalsschläge gibt, die man sich weder wünscht, noch verdient. Es ist eine unglaubliche Anmassung, wenn man einem kranken Menschen vorhält, er trage Schuld an seiner Krankheit. Ich kenne die Theorie, dass Krebs ein Zeichen von nicht ausgesprochenem Zorn sein soll, aber ganz ehrlich, jeder von uns wird früher oder später an Krebs erkranken, es ist nur eine Frage des Alters. Und leiden wir demnach alle an unterdrücktem Zorn? Ich denke kaum.
Kürzlich hat mir jemand ungefragt einen Text zugeschickt, welche die Bedeutung meiner Gehirnerschütterung erklären sollte. Es stand da, man müssen bei einer Gehirnerschütterung lernen, über bestimmte Dinge hinwegzusehen, zu vergeben, Konfrontationen im übertragenen Sinne anzunehmen und noch so vieles mehr. Ich schrieb zurück, ob ich die Analyse dem jungen Mann zuschicken solle, der die Kontrolle über sein Fahrzeug verloren hatte und mir ins Heck fuhr, schliesslich war meine Gehirnerschütterung die Folge dieses Auffahrunfalls. Und als ich jüngst auf Facebook schrieb, meine Stimme sei weg, fühlte sich eine mir unbekannte Person sich bemüssigt mir zu schreiben, ich solle doch bitte in mich gehen und mich fragen, was die Symbolik dahinter sei. Ich suchte nicht lange nach dem tieferen Sinn, sondern haute meinem Apotheker, der mich ein paar Tage, bevor meine Grippe ausgebrochen war, gegen die Grippe geimpft hatte, eine rein. Danach habe ich ihm die symbolische Deutung, die hinter einem blauen Auge versteckt liegt, zugeschickt. (Ich hoffe, er kann die Zeichen richtig lesen.)
Wer sich anmasst, einem ernsthaft kranken Menschen zu sagen, er solle doch bitte einfach etwas mehr positiv denken oder sich auf die Suche nach der tieferen Message machen, dem ist nur zu wünschen, dass er niemals selber ernsthaft krank wird. Es gibt, wie Sie bereits vermuten, Dinge zwischen Himmel und Erde, die man nicht nur Kraft der Gedanken verändern kann.
Und doch gibt es viele Bereiche, die man mit seinem Denken steuern kann. Ich mache diese Erfahrung mit meinen Kunden wenn es ums Thema Erfolg und Geld geht. Viele denken sich richtiggehend arm und erfolglos. Denn wer von sich selber denkt, dass er nichts besseres verdient hat, wird vermutlich genau dies erleben.
Und genau dort liegt der Hund begraben. Es geht weniger darum, dass man mit positivem Denken alles verändern kann als darum, wie man über sich selber denkt. Man sagt, dass wir Menschen etwa 50'000 Gedanken pro Tag denken und dass etwa 90 % davon destruktiv sind. Das ist eine fast unglaubliche Statistik, aber Sie können es mal austesten. Wie oft denken Sie aufbauend und freundlich über sich und andere und wie oft im Vergleich kritisch und gemein?
Sie können sich einen Tag lang beobachten und werden vermutlich erschrecken. Die meisten von uns denken viel öfter negativ über sich, als positiv. Wenn man davon ausgeht, dass unsere Gedanken unsere Worte formen und diese schlussendlich unsere Taten, dann wird uns die Tragweite des Denkens erst richtig bewusst. Und in diesem Sinne kann das Denken nicht alles verändern, aber doch recht vieles. Wenn sie liebevoll und bestärkend über sich denken, trauen Sie sich auch mehr zu. Und wenn Sie sich mehr zutrauen, trauen andere Ihnen auch mehr zu. Es ist recht einfach, aber deswegen nicht weniger wahr: So wie Sie über sich denken, denken andere auch über Sie. Und diese Tatsache wird sich in Erfahrungen manifestieren. Und positive Erfahrungen verändern das Leben positiv.
Das bedeutet nicht, dass man immer nur sonnige Gedanken hegen soll. Ich hasse den Druck, ständig positiv sein zu sollen und jeglicher Zweckoptimismus ist mir fremd. Manchmal ist das Leben ein Arschloch und dann sind nur Arschlochgedanken adäquat. Aber selbst dann ist es von Vorteil, wenn man selber steuern kann, ob man jetzt noch in dieser Energie bleiben möchte oder sich in eine andere begibt. Es geht schlussendlich um Selbstbestimmung und die tut uns Menschen grundsätzlich gut.
Wenn Sie diese eine, recht vereinfachte Message, aus dem Film ziehen können, haben Sie schon sehr viel über das Leben gelernt. Es ist erwiesen, dass die innere Einstellung zu einer Therapie deren Erfolg beeinflussen kann. Und die Wirkung von Placebos sind heute sehr umfangreich erforscht und sie bestätigt die Kraft unserer Gedanken sehr schön. Ob man damit Krebs heilen kann? Nein. Aber auch in einer solchen schweren Krankheit macht es sicherlich Sinn, sich niemals selbst aufzugeben.
Mit herzlichem Gruss, Ihre Kafi