Liebe Kafi! Als erstes vorneweg, ich mag dich! ...meine Partnerin hatte vor einem Jahr ein Burn-Out. Jetzt vor kurzem wieder ein Zusammenbruch der sich durch Panik-Attacken & Schlafstörungen äussert. Trotz sehr offenem & ehrlichen Umgang untereinander, trotzdem ich meinen Bedürfnissen genug Platz gebe merke ich vermehrt, dass es je länger desto schwieriger wird. Wir gehen wie in verschiedenen Welten. Ich habe Angst davor, dass ich irgendwann nicht mehr kann, auch wenn die Liebe da ist. Herzlich. Lea, 29
Liebe Lea
Danke für Ihre Frage. Und das liebe Kompliment. Ich kann Ihnen gut nachfühlen. Ein Mensch kann sich ob einer Depression oder einem Burnout sehr verändern. Er ist dann nicht mehr ganz sich selber, sondern zu einem grossen Teil seine Krankheit. Und die kann sehr zerstörerische Züge annehmen, da sich dann sämtliche Lebensfreude davon macht. Darum gibt es je länger je mehr auch Selbsthilfegruppen und Beratungsstellen für Personen, die mit einem psychisch kranken Menschen zusammenleben. In dieser Arbeit geht es sehr oft um Abgrenzung und darum, dass man sich nicht in der Pflege des Andern ganz verloren geht. Das ist keine einfache Sache, schliesslich will man ja im Prinzip nichts mehr, als dass es dem geliebten Menschen wieder gut geht. Gleichzeitig kann man ihm nicht wirklich helfen, solange die Hilfe nicht erwünscht ist und angenommen wird. Und selbst dann ist es eine sehr anspruchsvolle Angelegenheit, weil man ja Partner auf Augenhöhe und nicht Therapeut sein möchte.
Sie brauchen dennoch keine Angst haben, liebe Lea. Ihre Liebe darf sich verändern, auch wenn dies mit Schmerzen verbunden ist. Sie sind nicht verpflichtet, einem Menschen die ewige Treue zu halten, wenn Sie merken, dass es Ihnen dabei mittelfristig nicht gut geht. Ich verstehe, dass es sehr schwer fällt, einen kranken Menschen zu verlassen. Gleichzeitig ist ein Mensch, der psychisch krank ist nicht mehr der Mensch, in den man sich einmal verliebt hat. Spüren Sie gut in sich hinein und haben Sie den Mut zu gehen, sobald Sie das Gefühl haben, Ihren eigenen Lebensmut zu verlieren. Es ist niemandem gedient, wenn Sie aus Edelmut bleiben und sich damit selber kaputtmachen. Und ja, ich kann mir bereits gut denken, was die ach so erfahrenen Kommentarschreiber dazu sagen werden. Lassen Sie sich davon nicht beeindrucken, liebe Lea. Niemand der je in Ihren Schuhen gestanden hat kann nachvollziehen, was in Ihnen vorgeht. Ich war vor vielen Jahren einmal depressiv erkrankt und ich weiss, wie anstrengend und fordernd das für mein gesamtes Umfeld war. Hilfe von Freunden und Familie konnte ich zu dieser Zeit nicht annehmen, aber ich hatte gottlob einen sehr fähigen Arzt der mich binnen weniger Monate wieder ins Leben entlassen konnte. Leider weiss man nur selten im voraus, ob es eine kurze Episode ist, oder ob man sich die nächsten Jahre um die Thematik drehen wird.
Bitte schauen Sie sich gut. Denn nur solange es Ihnen gut geht, können Sie jemandem anderen eine Stütze sein. Und nein, nicht einmal dies müssen Sie, liebe Lea.
Mit herzlichem Gruss. Ihre Kafi