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Liebe Kafi, ich bin immer extrem entzückt über Ihren Blog und ihre so erquickenden Antworten. Sie machen das einfach grossartig! Nun hab ich auch eine Frage, bei der ich in Nöten bin und ich auf Ihren Rat hoffe. Wir wohnen in einem wunderbaren alten Haus mit 3 Stöcken. Der Umschwung ist in 3 Parteien aufgeteilt. Wir haben den Gartenteil hinter dem Haus, welcher direkt bei den Küchenfenstern ist. Nun wohnt Parterre eine ältere Dame, welche im Sommer die Küchenoblichtfenster und wenns hart kommt, sogar die ganzen Fenster geöffnet hat. Die Dame ist schon im reiferen Alter und leider nimmt da ja bekanntlich auch die Sensibilität mit dem Riechen ab. Es ist einfach so, dass wenn die Gute das Fenster offen hat, ich einfach nicht in unserem Garten auf dem Liegestuhl entspannen kann, da ich mich olfaktorisch sehr belästigt fühle, ich würd sogar sagen, es wird mir etwas schlecht. Ich bring es nicht übers Herz ihr zu sagen, dass ich mir wünschen würde, dass Sie Ihr Küchenfesnter schliessen muss, weil es aus Ihrer Küche so stinkt. Also, natürlich nur wenn wir im Garten weilen. Wir würdest Du das anstellen? Ich will meinen Garten geniessen (was die Dame ja auch tut) und nicht flüchten müssen oder in der Wohnung bleiben. Olfaktorisch erquickende Grüsse. Zora, 39

Liebe Zora

Für Ihr "erquickend" unterbreche ich gerne mal kurz meine heimliche Sommerpause. Und weil Ihre Frage ja irgendwie ans schöne Wetter gebunden ist und wir ja nie wissen, wie lange sich dieses noch hält.

Ich kann mich gut erinnern, wie ich noch Schalterangestellte bei der UBS war und ein Hotelier aus dem Ort sein Schwarzgeld immer in grossen weissen Kübeln bei mir ablieferte. Diese musste er wohl wochenlang in der Küche versteckt haben, weil wenn man sie öffnete, dann roch die ganze Bankfiliale wie die Friteuse von MC Donalds. Ich musste das Geld jeweils zählen und nachdem ich es ein paar mal über mich ergehen liess, übergab ich mich eines Tages in den noch halbvollen Kübel, so unglaublich schaurig war der Geruch. Dies war das Ende der Geschäftsbeziehung zwischen uns und dem Hotelier. Mein Chef ärgerte sich schon lange über die unkoscheren Einzahlungen des Herrn und überreichte diesem den Kübel mit den Worten, er solle sich doch bitte eine andere Bank suchen, die sein stinkendes Schwarzgeld zählen dürfe.

Während ich Ihnen das schreibe, habe ich diesen widerlichen Geruch bereits wieder in der Nase und kann ich Ihnen versichern, dass ich Sie nur zu gut verstehen kann. Wir wir aber alle wissen, ist das Thema "Geruch" ein sehr empfindliches und es ist etwas vom schwierigsten, jemandem zu sagen, dass er nicht gut riecht. Natürlich ist es in Ihrem Fall nicht die Dame im reiferen Alter selbst, die nicht gut riecht. Aber vermutlich würde sie es trotzdem genau so interpretieren und bis zu ihrem Lebensende schmollen. Wenn nicht schlimmeres.

Darum würde ich an Ihrer Stelle so vorgehen: Ich würde das Problem vollkommen auf mich selber beziehen und eine Geschichte erfinden, die Sie als Opfer Ihrer eigenen Geschichte darstellt und nicht etwa eines, der alten Dame. Im Klartext könnte das vielleicht sein, dass Sie als uneheliches Kind einer noch minderjährigen Mutter zur Welt gekommen sind und diese Sie jeweils zum Putzen ins Restaurant mitgenommen hat, wo sie bereits im zarten Babyalter fiesen Küchengerüchen und denen von scharfen Putzmitteln ausgeliefert waren, welche Ihnen die Nasenschleimhäute veräzt haben. Sie können die Geschichte gerne etwas ausschmücken und betonen, dass dies jeweils immer spät nach Mitternacht gewesen ist, weil Ihre Mutter tagsüber in Heimarbeit Schürzen nähen musste. Drücken Sie voll auf die Tränendrüse und machen Sie ihr klar, dass es sich um ein anständiges Trauma handelt, welches Sie bis heute nicht aufzuarbeiten fähig waren. Natürlich müssen Sie auch eine stimmige Geschichte parat haben, wie Sie dann selber kochen können, aber da wird Ihnen bestimmt etwas einfallen. Und sei es nur, dass sie genau darum so viel an der frischen Luft im Garten sitzen müssen.

Wenn Sie es schaffen, das Thema so zu verpacken, dass Sie eigentlich die "Schuldige" sind, und nicht Ihre Nachbarin, dann wird diese grosszügig einlenken und sich auf einen Plan einlassen, der die Zeiten regelt, in denen sie ihre Küche lüftet.

Seien Sie kreativ und klotzen Sie anständig. Die Dame wird ihre Jugend in Zeiten des Krieges verbracht haben und wird daher nicht so leicht zu beeindrucken sein.

Herzliche Grüsse und noch einen schönen Sommer. Und doch hoffentlich im eigenen Garten!

Ihre Kafi.

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