Liebe Kafi. Ich lebe in einer sehr glücklichen und dauerhaften Beziehung. Um meinen Freund und um mich herum wird seit einiger Zeit geschwängert und geboren, Häuschen gebaut usw. Ganz tief in mir drin fühle ich einen Kinderwunsch, den auch mein Freund teilt. Jedoch sind wir uns unsicher: Schaffen wir es überhaupt, ein Kind grosszuziehen? Können wir auf sehr viel Schlaf, Ferien, erst eben erreichte finanzielle Unabhängigkeit (endlich ist die Ausbildung fertig) und ganz viel mehr verzichten? Geben Kinder tatsächlich in einer ganz anderen, für kinderlose Personen unvorstellbare Weise zurück, was man aufopfert? Und sind wir psychisch-emotional überhaupt fähig, den eigenen Ansprüchen ans Eltern-Sein gerecht zu werden? Je älter ich werde, desto grösser werden meine Zweifel. Mit 20 Jahren war mir noch klar, dass ich auf jeden Fall einmal Mutter werde. Heute traue ich mir das nicht mehr so recht zu. Cordula, 27
Liebe Cordula
Wenn wir anfangen, eine Plus/Minus Liste zu führen und die Frage mathematisch lösen zu wollen, werden Sie kinderfrei bleiben und die Menschheit in spätestens 103 Jahren ausgestorben sein. Denn es gibt wahnsinnig viele gute Gründe, die gegen ein Kind sprechen. Gegen viele Kinder sogar noch einige mehr.
Aber Kinder sind keine Mathematik. Kinder sind das pure Chaos.
Aber eines kann ich Ihnen versichern. Sobald das Kind da ist, werden Sie sich mit diesen Zweifeln nicht mehr herumplagen müssen. Und mit ein paar anderen auch nicht mehr. Weil ein Kind einem auf den Boden der Realität zurückholt, wie es sonst gar nichts vermag. Relativierung vom Feinsten. Und dass tut dem Menschen gut. Mir jedenfalls. Und Ihnen mit Sicherheit auch. Weil dieses ständige um sich selbst drehen macht nur schwindlig und orientierungslos.
Ihre Frage, ob Sie psychisch-emotional überhaupt fähig sind, den eigenen Ansprüchen ans Eltern-Sein gerecht zu werden, kann ich Ihnen allerdings beantworten. Nein, das werden Sie nicht sein. Das ist niemand. Aber auch diese Sorge ist ein Luxus-Problem der heutigen 1-Kind-Projekt-Zeit. Ich bin überzeugt, dass sich meine Eltern diese Frage nicht einmal gestellt haben. Und darüber hinaus auch keine so hochfliegenden Vorstellungen über das Elternsein bestanden haben. Man hat die Kinder bekommen und es dann so gut gemacht, wie es einem halt möglich war.
Und das sollte man auch heute so halten. Weil instinktiv weiss man meistens schon, wie es am besten wäre. Dafür braucht man keine 5 Erziehungsratgeber lesen oder ständig in Foren nach der Meinung von 283 anderen überforderten Müttern fragen. Überfordert sind wir alle. Und trotzdem landen sehr wenige Kinder in der Babyklappe.
Darum: Go for it baby. Wäre drum schade, wenn Sie in 10 Jahren merken, dass Sie es doch möchten und es dann nicht mehr funktioniert.
Mit liebem Gruss. Ihre Kafi.