Liebe Kafi, ist es ethisch legitim, jemanden dazu zu nötigen, zeitnah ein Versprechen einzulösen? Oder anders gefragt: hat man rein ethisch Anspruch darauf, den anderen unter Druck zu setzen, seinem Versprechen zeitnah nachzukommen? Ich fühle mich genötigt und bevormundet, weil man mir den Zeitpunkt (jetzt!) vorgeben will und diese negativen Gefühle nehmen mir die Freude an der Erfüllung meiner freiwillig gemachten, mit keinem Zeithorizont versehenen Zusage. Liebe Grüsse, Urs
Lieber Urs
Ha! Sie sind sicher einer dieser herrlichen Gutscheinverschenker, dem man dann nachrennen muss, dass man die versprochene Leistung in Anspruch nehmen darf, gell? Oder haben Sie Ihrer Liebsten vor 18 Jahren einen Heiratsantrag versprochen und diese redet seit Jüngstem wieder regelmässig darüber? Nein ernsthaft, Sie wollen sich bei mir eine Entlastungsantwort einholen, in der ich schreibe, dass man niemandem zu was zwingen darf und schon gar nicht unter Druck. Aber so wie Sie Ihre Frage stellen, kann ich das nicht ohne Weiteres schreiben, schliesslich kenne ich die Umstände nicht. Aber auch ohne Umstände kann ich Ihnen Recht geben in der Aussage, dass es nie Spass macht, etwas zu geben, wenn man dafür genötigt wird. Gleichzeitig ist ein Versprechen oder eben ein Gutschein halt auch eine Zusage, welche über die vollkommen unverbindliche Gabe hinausgeht.
Sie haben sich in eine Situation begeben, aus der Sie auch mit zitierter Ethik nicht rauskommen. Sie werden sich der Sache anders stellen müssen und können sich hier nicht auf das Kleingeschriebene der AGB berufen. Hier geht es nicht um die Zeilen, sondern um das, was dazwischen steht. Es steht ein Versprechen und eine Erwartung im Raum. Diese müssen nun aufeinander abgestimmt werden. Manchmal geht es einfach darum, dass man sich nicht gern fremdbestimmt fühlt und man dann aus Prinzip in eine Abwehrhaltung geht. Wenn Sie nicht bereit sind über diese Dinge nachzudenken oder zu diskutieren, dann hätten Sie die Zusicherung nicht machen dürfen.
Mit herzlichem Gruss. Ihre Kafi