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Liebe Kafi. Mein Sohn (8 Jahre) hat einige Schwierigkeiten in der Schule/Hort und erhält des Öfteren Reklamationen über sein Verhalten. Er muss/darf deshalb auch den Schulpsychologen besuchen, was ich gut finde (und mein Sohn auch). Nun tut er mir aber manchmal ein bisschen leid, weil er immer aufs Dach kriegt, wegen seines Benehmens (ihm fehle der Respekt vor Lehrpersonen / frech / manchmal explosiv / zu laut). Ich finde ihn total super, sogar extrem sozial, aber ich als Mami bin nicht immer objektiv und ich bin mir durchaus bewusst, dass er viel 'Seich' macht, ihm manchmal die Pferde durchgehen und er damit aneckt. Und manchmal reagiere dann auch ich schlecht (genervt / enttäuscht / traurig / müde) darauf, wenn ich seitens der Lehrpersonen die ständigen Ermahnungen erhalte und in die Schule / Hort zitiert werde. Nun zu meiner Frage: Wie kann ich meinem Sohn klar machen, dass gewisses anpassen und folgen in der Schule / Hort für ihn selbst von Vorteil wäre, ohne ihm bereits Zukunftsängste machen zu müssen (so findest du nie ein Lehrstelle / Dir werden sie Ritalin geben / Schulpsychologe / Sonderschule). Er wird ja noch eine Weile in die Schule gehen müssen. Und es täte mir leid für ihn, wenn er schon ab der 2. Klasse Schulvergrault wäre. Danke Dir. Ronja, 32

Liebe Ronja

Herzlichen Dank für Ihre Frage und die vielen ///. Bin schon ganz rechtsgeneigt, was ich ja eigentlich nicht wirklich verantworten kann, drum werde ich zur Sicherheit den Kopf etwas ­linksneigen. Aber nun zur Frage, was Sie mit Ihrem Lausbub machen sollen.

Als Erstes sollten Sie mal ganz ehrlich zu sich selber sein und sich die Frage stellen, ob er ein Choleriker ist oder einfach «nur wild». Bei Ersterem lohnt es sich tatsächlich, das Thema anzugehen, weil Choleriker haben es im Leben wirklich nicht leicht. Da würde ich dann mal schauen, inwieweit die Psychologin hilft oder ob man andernfalls noch auf einer anderen Schiene begleitend was tun kann. In diesem Zusammenhang habe ich schon viel Gutes gehört von Kinesiologie. Wichtig ist, dass man etwas macht, das lösungsorientiert funktioniert. Denn viele Therapien kümmern sich intensiv um Defizite und Probleme, aber nicht wirklich um deren Lösung und Ressourcen. Es gibt cholerische Kinder und die sind wirklich eine Zumutung für die Lehrpersonen. Versuchen Sie darum so ehrlich wie möglich mit sich selber zu sein.

Wenn er aber tatsächlich einfach ein lebhaftes Kind ist, dann sollten Sie schauen, dass er nicht in die Mühlen der Schulpsychologie gerät. (Die gestarteten Besuche bei der Psychologin sind nichts Schlechtes, aber es kann sich daraus auch ein Stigma entwickeln, da sollten Sie aufmerksam bleiben.) Lebhaftigkeit und Bewegungsdrang sind keine Krankheit. Frech sein auch nicht, sonst wäre ich schon lange in Behandlung. Unangepasste Menschen werden gerne so zurückgestutzt, dass Sie ins vorherrschende System passen. Die Volksschule ist kein schlechtes System, aber nicht für alle Kinder passend. Trotzdem haben nicht alle Eltern die Möglichkeit, ihr Kind auf eine Steiner- oder Montessorischule zu schicken. Dann ist es tatsächlich erforderlich, dass das Kind sich etwas den Spielregeln anpasst.

Wichtig erscheint mir, dass Sie den Fokus unbedingt auf den Stärken Ihres Sohnes behalten. Betonen Sie diese, anstatt an den Fehler rumzubasteln. Ihr Kind ist 8 Jahre alt und kommt von seiner Hirnentwicklung her langsam in die Phase, in der man mit Vernunft argumentieren kann. Reden Sie offen und ehrlich mit ihm, ohne Schreckenszenarien der kommenden 65 Jahre aufzuzeigen. Aus vielen unangepassten Schülern sind sehr viele kreative Menschen geworden. Und auch zum Teil wahnsinnig Erfolgreiche. Halten Sie zu ihm, auch wenn das Schulsystem sich gegen ihn stellt.

Heute müssen Kinder schampar früh vernünftig und eigenverantwortlich unterwegs sein. Manche können das mit 8, andere nicht. Er ist jetzt am Beginn seiner Schulkarriere und es ist wichtig, dass er die Freude am Lernen nicht verliert. Denn darum geht es. Er muss sein ganz persönliches Potenzial entwickeln können und es wäre gut, wenn er halbwegs gerne zur Schule geht. Stellen Sie sich mit geradem Rücken hinter ihren Sohn und kuschen Sie nicht vor den Lehrpersonen und Psychologen. Verteidigen Sie Ihr Kind nach aussen und führen Sie mit ihm ehrliche und offene Gespräche innerhalb der Familie. Fragen Sie ihn, warum er so reagiert, wie er es tut. Er hat sich da eine Strategie entwickelt, die ihm etwas gibt. Aber was ist es? Und könnte man es vielleicht auf bekömmlicherem Weg bekommen? Ihr Sohn soll merken, dass er davon profitiert, wenn er sein Verhalten ändert. Dass er es für sich tut und nicht für Sie oder die Schule. Das müssen Sie ihm klarzumachen versuchen. Manchmal ist das für eine aussenstehende Person leichter, dann kann eine Sitzung bei jemandem sehr hilfreich sein.

Behalten Sie die Freude an Ihrem Kind. Denn wenn Sie sich auch noch über ihn ärgern, dann schwimmen ihm alle Felle davon.

Ganz herzliche Grüsse. Ihre Kafi.

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