Liebe Kafi! Was gibt es bei dir an Weihnachten zu essen? Jedes Jahr das Gleiche? Oder gar jedes Jahr etwas anderes? Bei mir, wie die letzten 24 Jahre auch, Fondue Chinoise! Ich kann es nicht mehr sehen, resp. essen! Was soll ich mit Fleisch, welches in Bouillon vor sich hin brodelt, keinen Geschmack hat, und ich dann, damit es überhaupt nach was schmeckt, mit 3 EL Cocktailsauce "überdümpfen" muss? Bin ich die einzige, die diesem Gericht so negativ gegenübersteht? Ach und NEIN, einen anderen Menüvorschlag zu machen, ist keine Option für mich. Da würde meine Grosle mir auf ewigs böse sein. Liebe Grüsse aus dem Kt. Solothurn. Anette, 24
Liebe Anette
Das neue Jahr mit einer alten Weihnachtsfrage zu beginnen, kann eigentlich nur schief gehen. Aber weil ich im Moment auf einer fast schon unheimlichen Glückswelle reite, will ich dieses Risiko mal eingehen und schauen, was geschieht.
Ihre Frage ist ja wirklich rührend. In mancher Hinsicht. Regen Sie sich tatsächlich über ein Menü auf, dass sie einmal im Jahr essen (müssen)? Natürlich ist Fondue Chinoise kein Ausbund an geschmacklicher Experimentierfreudigkeit. Aber darum geht es ja eigentlich auch nicht. Die Hippness dieses Gerichts kommt aus einer Zeit, als man noch nicht tagtäglich Fleisch gegessen hat, weil es schlicht und einfach zu teuer war. Heute geht der Trend ja eher wieder zum bewussten Verzicht, Fleisch ist kein Statussymbol mehr.
Des Weiteren ist die Tatsache bemerkenswert, dass Sie mir eine Frage stellen, die eigentlich keine Antwort zulässt. Ich darf Ihnen keinen Menüvorschlag machen, weil Ihre Grossmutter das niemals verkraften würde. Selbstverständlich möchten Sie aber dennoch eine Antwort, die Ihnen einen Ausweg bietet. Und siehe da, ich habe sogar deren zwei!
Die eine betrifft Sie allein. Essen Sie das Fleisch roh, anstatt es in der Bouillon zu kochen. Das macht geschmacklich zwar keinen grossen Unterschied, aber der psychische Kick ist um einiges grösser. Je nachdem welches Fleisch gereicht wird, haben Sie das vollumfängliche Risiko von Salmonellen bis zum kompletten Rinderwahn zu tragen. Wenn Ihnen das keine Erregung verschafft, dann weiss ich wirklich auch nicht mehr weiter.
Meine zweite Antwort betrifft hingegen die Grossmutter. Wenn am Gericht nicht gerüttelt werden darf, dann rütteln Sie doch mal an Ihrer Omi. Erwähnen Sie in einem Nebensatz, dass der Florian Silbereisen in Tat und Wahrheit schwul und seine Angetraute, die Helene Fischer ein umgebauter Transgender ist. Das macht im Bezug auf deren gemeinsame Liebesbeziehung zwar null Sinn, sollte das Weltbild der alten Dame aber gehörig ins Wanken bringen, wenn nicht sogar sie selber ins Grab. Die Intention dieser Intervention ist allerdings nur dann empfehlenswert, wenn die Gute das geliebte Mahl nicht testamentarisch als Leichenschmaus festgelegt hat. Es wäre darum durchaus zweck- dienlich, den letzten Willen einmal genauer unter die Lupe zu nehmen.
Aber Sie haben ja keine Eile. Bis zum nächsten Fondue Chinoise sind es immerhin noch ungefähr 353 Tage. Bis dahin fällt Ihnen vielleicht noch ein anderer Ausweg ein, wer weiss. Auf jeden Fall wünsche ich Ihnen einen erfolgreichen Start ins neue Jahr. Was immer Sie tun, machen Sie es gut!
Recht herzlich, Ihre Kafi.