Liebe Kafi. Was siehst du es mit der Rolle der Eltern von unzufriedenen Kinder in der Öffentlichkeit? Meine Meinung ist, erst kommt das Bedürfnis der Kinder und dann erst das der Mutter bzw. des Partners. Es macht mich immer wieder traurig zu sehen, wenn dies offensichtlich nicht der Fall ist. Muss ich mich mehr abgrenzen oder was hast du für einen Rat? Vielen Dank und liebe Grüsse. Nora, 32
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Liebe Nora
Bei vielen Fragen rate ich zu mehr Abgrenzung. Hier würde ich einen anderen Ansatz wählen. Stellen Sie Kinder auf die Welt. Mindestens zwei, besser aber drei oder vier. Und dann erziehen Sie diese nach Ihrem Vorsatz und Ihrer Ideologie. Und dann schauen wir weiter. Ok?
Kann gut sein, dass es Ihnen gelingt, die Bedürfnisse Ihrer Kinder dann immer noch über Ihre eigenen stellen. Aber wenn Sie sich schon gegenüber anderen Eltern abgrenzen wollen, wo bleibt dieses Bedürfnis dann Ihren eigenen Kindern gegenüber? Denken Sie wirklich, dass sich dieses dann in Luft auflöst und Sie die totale Symbiose mit der Kinderschar leben wollen und können? Das ist natürlich Ihnen überlassen. Und auch ich würde davon profitieren, weil Sie früher oder später weinend bei mir in der Praxis (oder sonstwo) sitzen und sich und mich (oder sonstwen) fragen werden, wo Ihr eigenes Leben eigentlich abgeblieben ist.
Und vermutlich werden auch noch ein paar andere Stellen ihre grosse Freude an Ihnen und Ihren Kindern haben! Denken Sie Ihren Ansatz doch mal ein Stück weiter. Tut man einem Kind wirklich einen Gefallen, wenn man ihm immer alle Steine aus dem Weg räumt und die Welt nach seinem Kopf zurechtbiegt? Welche Werte werden mit so einem Erziehungsansatz verfolgt? Und wohin werden diese führen? Ein Kind bleibt nicht immer ein Kind. Es wird irgendwann erwachsen. Und muss spätestens dann einen gesunden Umgang mit der eigenen Frustration gelernt haben. Oder möchten Sie einer jungen Frau Ihren Sohn ins Bett legen, der immer alles bekommen hat, was er wollte? Oder wollen Sie eine erwachsene Tochter, die mit dem Gefühl aufgewachsen ist, eine Prinzessin zu sein und dann an der Realität zerbricht?
Die kurzfristig gesehen einfachsten Lösungen sind selten die Besten auf längere Zeit.
Es ist immer simpel, sich über andere den Kopf zu zerbrechen und zu wissen, wie es besser wäre. In Ihrem Alter würde ich aber stattdessen einfach mal fürschi machen und an eigenen Objekten experimentieren und Erfahrungen machen...
Mit herzlichem Gruss, Ihre Kafi