Liebe Kafi. Wie würden Sie Leuten kontern, die einem anschauen und sagen, das arme, arme Einzelkind braucht ein Geschwisterchen? Manuela, 37
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Liebe Manuela
Gar nicht. Warum sollten Sie darauf auch kontern? Sind Sie Rechenschaft schuldig darüber, wie viele Kinder Sie zeugen? Na also!
Wir Menschen definieren uns gerne über unsere Defizite. Wir betonen das, was wir nicht haben. Nicht können. Was uns fehlt. In Ihrem Fall ein weiteres Kind. Im Falle eines Singles ein Partner, eine Partnerin. Immer sehen wir das, was da sein könnte. Und vergessen darob das, was bereits ist.
Ich habe es noch nie verstanden, dass man erst eine «richtige» Familie ist, wenn man mindestens 2 Kinder hat, aber ich höre das immer Mal wieder. Grundsätzlich gehen Fragen, welche auf die Familienplanung zielen, immer über eine Grenze des Persönlichen, wo eine Frage nicht unüberlegt hingehört. Was, wenn Sie ein zweites Kind haben wollten, es aber aus irgendeinem Grund nicht funktioniert? Was, wenn es da ein anderes Kind gab, dieses aber gestorben ist?
Wenn man einmal in diese Richtung weiterdenkt, dann sieht man, wie persönlich das alles sehr schnell werden kann. Und wie verletzlich auch. Menschen, die sich anmassen eine solche Frage zu stellen, überlegen sich dies natürlich nicht. Aber sie geben einem das Gefühl, dass man da noch was zu liefern hätte, dass das so noch nicht komplett ist. Wer aber sagt bitteschön, dass es Kinder immer nur im Multipack geben darf? Wer sagt, dass einem Einzelkind etwas fehlen muss? Wer stellt diese Regeln auf?
Wenn ein solcher Kommentar von einer unbekannten Person kommt, dann würde ich diese knallhart ins Leere laufen lassen. Einfach Schweigen, so schwer das auch ist. Warum nicht den fragenden Menschen nach China schicken, wo diese Frage besonders gut ankommen dürfte? Je nach Tageslaune kann man auch mal eine intime Frage zurückstellen. Nach der letzten Periode bei Frauen, nach der ziependen Prostata bei Männern. Oder geschlechtsneutral nach dem letzten Intimverkehr. Das kommt Ihnen jetzt jenseits grenzüberschreitend vor? Ja, das ist es auch! Mindestens so jenseits grenzüberschreitend, wie die Frage nach Ihrer Familienplanung. Und so unglaublich daneben wie Ihnen das Gefühl zu vermitteln, Sie wären eine Rabenmutter, wenn Sie ein Einzelkind in die Welt stellen.
Ganz herzlich. Ihre Kafi.