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Meine Mutter ist vor 4 Jahren gestorben nun ist mein Vater (78) krank, er hat eine besonders agressive Form von Parkinson. Mein Vater war nie für uns 4 Kinder da, hat immer nur für sich geschaut und meine Mutter gedemüdigt. Jetzt erwartet er, dass ich mein Leben nach ihm richte. Er will nicht ins Heim, er sagt, für etwas habe er 4 Kinder. Es bleibt alles an mir hängen, weil meine Geschwister weiter weg wohnen. Er macht mir immerfort ein schlechtes Gewissen. Wie soll ich damit umgehen? Empathie ist ein Fremdwort für ihn. Er interessiert sich nicht für mein Leben und meine Gefühle. Nur er, er, er. Danke für Deinen Rat liebe Kafi. Monika, 52

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Liebe Monika

Sich von seinen Eltern abgrenzen ist nie einfach. Aber wenn diese krank sind, ist es doppelt schwer. Dieses Thema kenne ich nur zu gut, ich bin damit in meiner Praxis konfrontiert, aber auch persönlich. 

Selbst wenn man eine liebevoll umsorgte Kindheit und Jugend hatte, muss man sich früher oder später von den Eltern abnabeln und sein eigenes Leben leben. Aber wenn man in dieser Zeit wenig Empathie und Unterstützung erfahren hat, ist es umso wichtiger, dass man sich später nicht emotional erpressen lässt. Ihr Vater scheint eine narzisstische Persönlichkeitsstörung zu haben. Diese zeichnet sich durch fehlende Empathie für Mitmenschen aus, aber auch durch einen überhöhten Anspruch an sein Umfeld. Wenn Ihr Vater nun plötzlich seine 4 Kinder als Versorger ansieht, obwohl er sich vorher nicht gross um deren Interessen gekümmert hat, dann ist das eine Grenzüberschreitung, die an Missbrauch grenzt. 

Menschen, die sich selber auf diese Weise in den Mittelpunkt stellen, sind nicht selten sehr charismatische Typen, die es verstehen, andere zu manipulieren. Sie missbrauchen ihre Mitmenschen als Publikum, um selber besser dazustehen und die Aufmerksamkeit zu bekommen, von der sie denken, dass sie ihnen zusteht. Sie können diese Rolle nun übernehmen und zum schweigenden Statist im Leben Ihres Vaters werden. Er wird sich deswegen nicht mehr für Sie interessieren, als er es bis anhin getan hat. Es geht ihm nämlich nicht um Sie als Mensch und als Tochter. Es geht ihm einzig und allein um sich selber. 

Wenn solche Persönlichkeiten krank werden, verstärkt sich dieser Effekt nur noch mehr. Schliesslich kann man einem kranken Menschen schwer Aufmerksamkeit verweigern. Der drohende Tod schwebt wie ein Damoklesschwert über dem eigenen Gewissen und man fängt an Dinge zu tun, die man eigentlich gar nicht will. Weil es immer das letzte Mal sein könnte. 

Ich weiss aus eigener Erfahrung wie anspruchsvoll es ist, sich in dieser Lage treu zu bleiben. Aber es ist - genau jetzt - besonders wichtig für Sie, dass Sie durch diesen Lernprozess gehen und sich abgrenzen. Wenn man als Kind nicht die Liebe erfahren hat, die man sich von seinen Eltern wünscht, dann bleibt man auch im erwachsenen Alter in einem Zustand ständigen Bettelns darum. Man tut alles, um endlich gesehen und erkannt zu werden. Man tut alles, um endlich geliebt zu werden. Man bleibt in der Rolle des vernachlässigten Kindes, dass dem Vater oder der Mutter gefallen wird, um auf den Schoss gehoben und umarmt zu werden. Dafür braucht sich niemand schämen, es ist ein menschliches Bedürfnis, aus dem man auch im hohen Alter nicht hinauswächst. 

Machen Sie sich bewusst, dass diese Sehnsucht in Ihnen wohnt. Und dass sie niemals von Ihrem Vater gestillt werden wird. Er siehst Sie als seine Altersvorsorge. Nicht mehr und nicht weniger. Diese Rolle können Sie annehmen und daran zugrunde gehen, oder aber Sie lehnen sie deutlich ab. Sie sind selber keine 20 mehr und haben daher nicht mehr das ganze Leben vor sich. Ihr eigenes Leben lässt sich nicht aufschieben. Es ist Ihre Zeit. 

Sie brauchen diesen Entscheid - sobald Sie ihn für sich getroffen haben - nicht kommunizieren. Es reicht vollends aus, wenn Sie mit der inneren Haltung auftreten, die dieser Entscheid mit sich bringt. Sobald Sie diese Stärke entwickelt haben, können Sie Ihrem Vater anders gegenübertreten. Sie brauchen sich dann nicht gänzlich von ihm abwenden, es reicht aus, dass Sie sich nicht für ihn aufgeben und sich nicht auspressen lassen. 

Das ist keine einfache Angelegenheit, das weiss ich sehr genau. Dieser Prozess braucht Zeit und Geduld. Und vielleicht auch Begleitung. Ich selber habe mich durch diese Themen coachen lassen, weil ich gemerkt habe, dass eine Aussenstehende Person da sehr unterstützend wirken kann. Sie sollten es sich wert sein, für sich und Ihre eigenen Bedürfnisse einstehen zu dürfen. Wir können uns unsere familiären Umstände nicht aussuchen. Aber wir können entscheiden, was diese mit uns anstellen dürfen. 

Von Herzen, Ihre Kafi 

 

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