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Wenn das Leben irgendwie drückt....Hält man durch, wie bei einem neuen paar Schuhe, und hofft, dass sich mit der Zeit alles etwas dehnt und anpasst, schmiegsamer wird? oder wagt man einen Rundumschlag und wirft die neuen Schuhe einfach weg? Aber wie und wo sucht man denn die Neuen? Und passen die dann von Anfang an? Am liebsten würde ich glaub einfach Barfuss gehen… mal von der Kälte abgesehen. Anna, 34

Liebe Anna

Mit der metaphorischen Formulierung dieser Frage hätten sie dem grossen Poeten Pablo Neruda mit Sicherheit eine Freude gemacht. Und mir sowieso. Eine wunderbare Analogie, die ich gerne etwas weiterspinnen will!

Es fällt mir gerade etwas schwer zu beurteilen, in welchem Gebiet ich mich besser auskenne, in dem der Schuhe oder im Leben an sich. Aber was Ersteres betrifft, so habe ich die Erfahrung gemacht, dass sich die wenigsten Schuhe von Anfang an in Zärtlichkeit um den Fuss schmiegen und so liebevoll bleiben, auch wenn wir sie stundenlang übers Kopfsteinpflaster mit Füssen treten. Meistens braucht es etwas Zeit, Geduld und eine Menge Blasenpflaster, bis man sich miteinander arrangiert hat. (Ausser Buffalos. Die werden ausschliesslich und vorsätzlich dafür produziert, unsere Füsse zu deformieren und Rücken zu schädigen. Ich gehe mal davon aus, dass ein gewiefter Orthopäde hinter dieser grauenhaften Marke steckt.)

Mit dem Leben und seinen vielen Pantoffelhelden ist es ganz ähnlich. Keiner wird nur dafür gezüchtet, einem anderen bequem zu sein. Infolgedessen würde es auch hier wenig bringen, wenn man immer gleich zum Umtausch schreitet. Es benötigt etwas Ausdauer, die Schuhe zu finden, die den Füssen gerecht werden.

Wenn Sie diese Zeit nicht haben, können Sie natürlich zu härteren Bandagen greifen und einen Schuhmacher aufsuchen, der ihre Schuhe von innen weitet und sie anschliessend von aussen besohlt. (Dafür empfehle ich Ihnen übrigens den äusserst geschickten und charmanten Salvatore Viceconte an der Lagerstrasse 44. Der hatte sein Geschäft früher bei mir im Kreis 4 um die Ecke und musste dann dort raus, weil der Vermieter sein Etablissement vermutlich zu ordentlich fand und insgeheim mehr Puff bevorzugt.)  Wenn ich diesen Rat nun auf Menschen zu übertragen versuche, lande ich früher oder später gedanklich bei einer Domina. Und ich bin mir jetzt gar nicht so sicher, ob ich da frühmorgens schon hin möchte.

Dennoch muss ich Ihnen ehrlich sagen: Ein Schuh, der auch nach mehrmaligem Einsatz von Stretchingspray und geduldigem Tragen nicht behaglicher wird, wird es vermutlich nie werden. Und wenn sie sich mit dem Schnüren der Schuhe auch noch so Mühe geben; nicht überall wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Darum wäre es verschwendete Zeit, einem solchen ewig die Treue zu halten. Denn auch andere Geschäfte haben schöne Schuhe!

Barfuss gehen ist übrigens eine feine Sache! Ab und an praktiziert hilft es einem, den eigenen Fuss und seine Makel wieder etwas bewusster zu spüren. Darum rate ich vom immerwährenden Wechseln und Tragen von Schuhen ab. Es macht durchaus Sinn, den Gliedmassen zwischen zwei Paaren eine kleine Verschnaufpause zu gönnen.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen alles Gute für Ihren weiteren Lebensweg und grüsse Sie herzlich.

Ihre Kafi.

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